Sichtbarkeit in der Videokonferenz: Sehen und gesehen werden

Videokonferenzen haben den Vorteil dass sich die Gesprächsteilnehmer bei ihrer Unterhaltung sehen können. Von diesem Vorteil profitieren Gespräche zu zweit, als auch Videokonferenzen mit mehr als zwei Teilnehmern.

Das Video der sprechenden Person

Es ist oft einfach schöner und persönlicher wenn man die Gesprächsteilnehmer sieht. Auch in Situationen, wo eigentlich im Vordergrund steht was gesagt wird ist es hilfreich, den Referenten auch zu sehen.

Web-Based-Training, Webinar oder Online Seminar sind uralte Themen. Trotzdem hat sich die klassische Präsenzveranstaltung bis zur Corona Pandemie gehalten. Obwohl Veranstaltung in einem gemeinsamen Raum mit den verbunden sind. Hierzu zählen die benötigte Zeit für die An-und Abreise, Reisekosten, Übernachtungskosten etc. Menschen sind soziale Wesen. Deswegen ist es angenehmer, wenn man den Referenten mit seinem Antlitz, mit seiner Mimik und Gestik wahrzunehmen, als einer Stimme aus dem Off zuhören zu müssen.

Mimik und Gestik tragen schließlich auch zum Verständnis des Gesagten bei. So lässt sich ein Scherz oder Ironie deutlich besser erkennen wenn der Redende den Beitrag mit einem Lächeln oder Augenzwinkern versieht.

Das Gesagte wird nicht nur besser verstanden. Man sieht auch besser wie der Sprecher das Gesagte bewertet. Nehmen Sie den Satz „Er fuhr bei Gelb über die Ampel!“. Dieser kann mit Entsetzen oder Bewunderung vorgetragen werden. Die Bewertung des Inhalts erkennen Sie auch an Mimik und Gestik des Sprechers.

Ein humorvoller Sprecher
Ein sachlicher Sprecher
Ein energischer Sprecher
Foto: F. Kloet

Videos der Zuhörenden

Auch das Videobild der anderen Gesprächsteilnehmer ist für das Ereignis Videokonferenz von großer Bedeutung. So kann der Sprecher die anderen Gesprächsteilnehmer sehen. Die gegenseitige Sichtbarkeit, wie wir sie von Face-to-Face-Situationen kennen, ermöglicht das sogenannte Aufmerksamkeitsmonitoring. Das ist ein langes Wort. Er sagt, dass der Sprecher prüfen kann, ob der oder die Zuhörer (noch) dabei sind.

Zum Beispiel sind Handzeichen wie der nach oben oder unten gerichtete Daumen, Nicken, Lachen, Lächeln, Kopfschütteln recht gut zu erkennen. Man kann aus diesem sichtbaren Zeichen auf eine gewisse Aufmerksamkeit schließen.

Es ist ein angenehmes Gefühl, wenn die Gesprächspartner an den richtigen Stellen Lachen oder Lächeln.

Hinter der dunklen Kachel eines Konferenzteilnehmers, der seine Kamera deaktiviert hat, kann eine aufmerksame Zuhörerin sitzen, oder ein Teilnehmer, der seine gesamte Aufmerksamkeit auf etwas anderes richtet.

Es kommt auch vor, dass der andere die Kamera eingeschaltet hat und es ist zu sehen, wie er einen Anruf entgegennimmt. Im besten Fall hat er sein Mikrofon für die Videokonferenz deaktiviert. Er wendet sich von der Kamera. So ist zu deutlich, dass er der Videokonferenz derzeit nicht folgt. Sobald er aufgelegt hatte wendet er sich wieder demonstrativ seiner Kamera zu. So können die Teilnehmer erkennen, dass er jetzt wieder in der gemeinsamen Gesprächssituation ist.

Passende Reaktionen in der Videokonferenz machen es dem Sprecher leichter
Foto: R. Rana

Augen sehen, Augen werden gesehen.

Unsere Augen sind zum Sehen da. Das weiß jedes Kind. Doch Augen sind auch sichtbar. Diese Sichtbarkeit der Augen nutzen wir im Alltag. Zum Beispiel wird in der Schule geprüft, ob der Lehrer guckt, bevor der Spickzettel herausgezogen wird. Blickt der Lehrer weg, richtet er seine Aufmerksamkeit woanders sein. Daraus schließen die Schüler, dass ihr Verhalten dem Lehrer entgeht.

Blickkontakt

In anderen Situationen wird anblicken erwartet. Gegenseitiges Anblicken bezeichnet man als Blickkontakt. Blickkontakt zeigt allen beiden Beteiligten, dass sie wechselseitig ihre Aufmerksamkeit auf sich richten. Beim Sprechen adressiert man mit dem Anblicken das Gesagte. Beim Zuhören erfüllt das Anblicken der Sprechenden zwei Funktionen. Zum einen signalisierte man dem Sprecher Aufmerksamkeit. Zum anderen hilft ja (wie oben beschrieben) das Sehen von Gestik und Mimik das Gesagte besser zu verstehen und zu bewerten. 

Blickkontakt zeigt wechselseitige Aufmerksamkeit
Foto (Zuschnitt): J. Borba

Das Dilemma mit dem Blickkontakt in der Videokonferenz

In den meisten Videokonferenzen ist die Situation allerdings anders.

Blickt der Zuhörer den Sprecher an, um seine Gestik und Mimik zu sehen, schaut er auf den Bildschirm. Häufig befindet sich aber die Kamera am Rand des Bildschirms oder sogar an einem anderen Bildschirm.

Der Sprecher sieht dann ein Zuhörer, der ihn nicht anblickt, weil der Hörer nicht in die Kamera blickt, sondern auf den Bildschirm. Je nach Position der Kamera blickt er aus Perspektive des sprechenden demütig nach unten oder desinteressiert zur Seite.

Schaut der Zuhörer in die Kamera, um dem Sprecher seine Aufmerksamkeit zu verdeutlichen, entgehen ihm Gestik und Mimik des Sprechers. Dabei war das ja einer der wichtigen Gründe, die für die Videokonferenz sprechen.

Die Lösung gibt es seit der 50er Jahren: Der Teleprompter

Sprecherinnen und Sprecher im Fernsehen stand vor einem ganz ähnlichen Problem: einerseits galt es den vorzutragenden Text zu lesen und andererseits sollte dem Zuschauer das Gefühl von „angeblickt werden“ vermittelt werden.

Zur Lösung dieses Problems wurde der Teleprompter erfunden. Der Teleprompter im Fernsehstudio zeigt den Text vor dem Kameraobjektiv. Der Text ist jedoch für die Kamera und damit auch für den Zuschauer nicht sichtbar. Da der Sprecher beim Lesen des Textes genau in die Richtung der Kamera schaut, entsteht beim Zuschauer der Eindruck von Blickkontakt.

Teleprompter selbst gemacht

Jedoch sind käufliche Geräte für Fernsehstudios für die Nutzer von Videokonferenzen unerschwinglich.

Mit der gestiegenen Nutzung von Videokonferenzen ist der Bedarf an Teleprompter gestiegen. So gibt es im Internet interessante Anleitungen zum selber Bauen eines einfachen Teleprompters für Videokonferenzen.

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Semiprofessionelle fertige Geräte sind ebenfalls verfügbar. Diese sind jedoch meist darauf ausgelegt Text vom dem Objektiv anzuzeigen. Eine Anpassung des Aufbaues sollte leicht möglich sein, um die Geräte für Videokonferenzen zur Nutzen.

Auch ohne Teleprompter: der gelegentliche Blick in die Kamera zeigt Aufmerksamkeit

Auch wenn Sie den Aufwand scheuen einen Teleprompter zu bauen. Achten Sie darauf, dass Sie hin und wieder Ihrem Gesprächspartner zeigen, dass Sie Ihm zuhören. Schauen Sie eine Weile in Ihre Kamera.

Das wird die Atmosphäre der Konferenz und die Ergebnisse Ihre Meetings verbessern.

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